Stellungnahme unserer Schule zu den Maßnahmen an Schulen zur Corona-Pandemie-Eindämmung

 

Liebe Eltern, Erziehungsberechtigte, Schüler*innen, Kolleg*innen und Freund*innen der Waldorfschule Wöhrden,

in den letzten Wochen wurde auch das Kollegium der Freien Waldorfschule Wöhrden mit häufig der aktuellen Entwicklung angepassten Maßnahmen, die die Corona-Pandemie eindämmen sollen, konfrontiert. Diese Maßnahmen, zu denen jede einzelne Person sich zunächst einmal stellen kann, wie es ihrer Sicht auf die Welt, auf die Gesellschaft, auf die eigene Rolle in dieser Gesellschaft und die Entwicklung der Pandemie entspricht, sind für alle Schulen gleichermaßen gültig. Somit auch für unsere Freie Waldorfschule.

Die Waldorfschule Wöhrden ist eine staatlich anerkannte Gemeinschaftsschule in freier Trägerschaft, die sich an den pädagogischen Ideen Rudolf Steiners, wie dieser sie vor inzwischen über 100 Jahren entwickelt hat, orientiert. Diese Ideen leben im Kollegium und werden in der täglichen Arbeit berücksichtigt und dort, wo sie sich als nicht mehr zeitgemäß erweisen, im Sinne Steiners Aufforderung zur ständigen Arbeit an diesen Grundlagen, behutsam weiterentwickelt.

An unserer Schule treffen Menschen mit ganz unterschiedlichen individuellen Biografien, Herausforderungen und Ansichten aufeinander. Was uns eint, ist eine Pädagogik, die sich am individuellen Kind orientiert und dessen Entwicklung entsprechend fordert und fördert. Die persönlichen Beziehungen zwischen Lehrer*innen und Schüler*innen an unserer Schule sind dabei ein hohes Gut, das auf gegenseitigem Respekt und Vertrauen beruht. Und selbstverständlich erkennen wir an, dass gerade diese persönlichen Beziehungen derzeit sowohl besonders wichtig als auch besonders gefährdet sind.

Wie jede andere Waldorfschule ist die Waldorfschule Wöhrden aber auch an staatliche Vorgaben gebunden. Dies betrifft neben z.B. den curricularen Vorgaben zur Erlangung der staatlichen Abschlüsse auch die aktuellen Vorgaben des Ministeriums für Bildung, Wissenschaft und Kultur Schleswig-Holsteins zur Eindämmung der Corona-Pandemie. Diese Vorgaben sind klar formuliert und bindend. Als Schule sind wir verpflichtet, die Umsetzung zu gewährleisten. Wir haben an dieser Stelle nur einen sehr eingeschränkten Spielraum zur Verfügung.

In diesem angedeuteten Spannungsfeld zwischen unserem legitimen pädagogischen Anspruch und den ebenfalls legitimen und verpflichtenden Vorgaben des Ministeriums arbeitet das Kollegium für die Bedürfnisse der ihm anvertrauten Schüler*innen. Dabei gilt sicherlich, dass alle an der Schule beschäftigten Menschen jede*n Schüler*in und dessen*deren Wohl im Bewusstsein haben.

Das gesamte Kollegium setzt sich regelmäßig zusammen und ringt um die besten Lösungen in dem vorgeschriebenen Rahmen. Wir suchen nach den richtigen Worten und Bildern, um sie den Schüler*innen adäquat zu vermitteln. Und dabei wollen wir jede*n mitnehmen und setzen , entgegen des gesellschaftlichen Trends zu immer stärkerer Vereinzelung und verstärktem Egoismus, auf Solidarität und Rücksicht. Dies auch dann, wenn es eine vorübergehende Unannehmlichkeit oder Einschränkung bedeutet, damit wir beizeiten wieder zu einer neuen, für alle tragfähigen Normalität gelangen.

Auch in unserem Kolleg*innenkreis gibt es deutlich divergierende Ansichten zu den getroffenen Maßnahmen. Dennoch stehen wir in unserem pädagogischen, professionellen Handeln hinter den Vorgaben des Bildungsministeriums. Daher erachten wir die in Teilen der Gesellschaft hörbar werdende und auch an uns herangetragene Aufforderung, die Maßnahmen zu unterlaufen, für falsch adressiert.

Jede Person hat das Recht, die Maßnahmen zu kritisieren und diese Kritik zu äußern, solange auch gegenteilige Kritik gehört werden kann.

Doch wir als Freie Waldorfschule Wöhrden sehen uns nicht in der Position Weltanschauung zu unterrichten oder Politik zu betreiben. In unseren Unterrichten stellen wir die Welt, die Politik und die Gesellschaft in Ihrer Vielfalt dar und ermöglichen den Schüler*innen, zunehmend selbständig eine Haltung zu entwickeln und diese begründet zu vertreten. Wir verfolgen hierbei einen gleichermaßen integrierenden wie emanzipatorischen Ansatz, der es jeder einzelnen Lehrkraft erlaubt, die Auswahl der im Unterricht besprochenen Weltstücke zu gewichten, der es uns aber verbietet, uns als Gesamtorganisation Waldorfschule Wöhrden einseitigen politischen Forderungen anzuschließen.

die Schulleitung